Sonderausstellung 2024
Von A wie Affe bis Z wie Zirkustier!
Das Tier als animalisches Visavis des Menschen, als Gefährte oder als Sinnbild für verschiedene Seelenzustände: Tiere waren für Oskar Kokoschka ein Thema, das ihn von den frühesten Arbeiten für die Wiener Werkstätte bis in hohe Alter beschäftigte. Bereits in den während seiner Studienzeit entstandenen Postkarten und in den 1908 entstandenen „Träumenden Knaben“ tummeln sich die unterschiedlichsten Tiere und Kreaturen. Fische, Lämmer, Hirsche, Hasen, Füchse und Paradiesvögel bevölkern dieses “Knabenträumebuch”, ein Hauptwerk der secessionistischen Buchgrafik und Meilenstein der frühexpressionistischen Dichtung. Die Tiere stehen teils als Sinnbild der paradiesischen Umgebung, teils als Metapher für eigene existentielle Erfahrungen. So symbolisieren die bedrohlich dargestellten, knallroten Raubfische die erwachende Sexualität des jungen Künstlers. Wenige Jahre später findet die leidenschaftliche, jedoch von Eifersucht und Enttäuschungen geprägte Affäre mit Alma Mahler ihren künstlerischen Niederschlag. Wieder sind es neben Landschafts- vor allem Tierallegorien, die zahlreiche Werke dieser Zeit prägen. Verführerische Schlangen sowie Alma und Oskar als vogelähnliches Paar in der Dichtung „Allos Makar“, dämonische Bestien und hyänenartige Ungeheuer in den Grafikzyklen „Die chinesische Mauer“ und „Der gefesselte Kolumbus“.
Als Sinnbilder sind auch der blutleckende Hund in den Blättern zu „Mörder, Hoffnung der Frauen“ oder die seitlich aus dem Bild huschende, die Nacht und das Unheimliche symbolisierende Katze in „Gesindel in der Sternennacht“ für die Avantgarde-Zeitschrift „Der Sturm“ zu deuten. Doch während in Kokoschkas grafischen Werken der 1910er-Jahre die einzelnen Tiere teils schwer im expressionistischen Strichgewirr erkennbar und erst auf den zweiten Blick auszumachen sind, werden sie später zum zentralen Bildmotiv. In den Jahren 1926/1927 entstand Oskar Kokoschkas Serie großformatiger Tierdarstellungen, in denen er neben einem Mandrill auch den sogenannten Tigerlöwen in einem Londoner Zoo porträtierte. (Raub)Katzen gehörten Zeit seines Lebens zu den beliebtesten Tiermotiven des in Pöchlarn geborenen, großen expressionistischen Malers. In der Ausstellung sind Kokoschkas Tigerkatzen-Lithografien aus den späten 1960er und 1970er-Jahren einer aus seinem Besitz stammenden, aus lackiertem Papiermache gefertigten Katzenskulptur gegenübergestellt. Die sogenannte Hariko-no-tora mit Wackelkopf und abnehmbarem Schwanz gilt in Japan als Glücksbringer. Mehrere Fotos aus dem Nachlass des Künstlers zeigen die Katze in seinem Atelier.
Ein anderes Tier, das sich sowohl im Früh- als auch im Spätwerk findet, ist die Schildkröte. Von einer frühen Dichtung des Malers, Grafikers und Dramatikers über Widmungszeichnungen bis zu seinem späten „Selbstbildnis mit Schildkröte“ – im Laufe der Zeit entwickelten sich die Tierdarstellungen immer mehr zu Symbolen seiner persönlichen Lebensumstände. Die Hartnäckigkeit und Sensibilität von Schildkröten machte sie zu einem Sinnbild für Langlebigkeit und Unsterblichkeit. Kokoschkas Selbstporträt, bei dem er eine Hand auf den Panzer des Tieres legt, entstand im Alter von 83 Jahren. Ebenfalls aus den 1960er-Jahren stammen zahlreiche Reisebilder, bei denen Tiere immer zur typischen Charakterisierung der jeweiligen Landschaft gehören.
Die Ausstellung zeigt Arbeiten aus verschiedenen Lebensphasen des Künstlers und stellt sie Tierdarstellungen von Künstlerkolleg:innen gegenüber. Egal ob Affen, Katzen, Fische oder Schweine – sie finden sich in Gemälden und Grafiken, auf Fotos und in Büchern wieder. Als Sinnbilder und politische Allegorien, als zentrales Bildmotiv ebenso wie versteckt im expressiv-nervösen Strichgewirr.
Kuratorin: Anna Stuhlpfarrer
Eine Ausstellung der Oskar Kokoschka Dokumentation Pöchlarn in Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst Wien, Oskar Kokoschka Zentrum.
Kokoschka Museum Pöchlarn
Eröffnung: Freitag, 3. Mai 2024, 19 Uhr
Ausstellungsdauer: 4. Mai bis 27. Oktober 2024